Sydney hat mich voll einkassiert. Hat mir einen Alltag vom Allerfeinsten verpasst. Mit Nieselregen, wehen Füßen und einer deutschen Clique. Ich bin wunderbar zu Hause hier, und das so weit weg von Köln wie´s nur geht, und das ist ganz ganz prima.
Arbeit habe ich bei ´nem deutschen Unternehmen gefunden: Beim „Löwenbräu“. Dort habe ich als Drinkrunnerin angefangen. Getränke rausbringen, stundenlang, immer weiter, 1-Liter-Bierkrüge, 7 auf einmal, 15 Stunden am Samstag arbeiten, in der Woche 50 Stunden arbeiten, abends im Bett brennen die Füße und die Hüfte, lächeln geht nur noch mit 5 Aspirin täglich, sonntags sind die Kollegen alle gereizt und völlig überarbeitet vom Wochenende, und am liebsten würde ich mich in eine Ecke setzen und heulen wie ein kleines Kind. Aber dann kommt der Montag, neue Woche, neues Glück, dieses Mal sogar einen Tag frei bekommen, Augen zu und durch.
Das „Löwenbräu“ liegt im Stadtteil The Rocks; das ist ziemlich teuer und ziemlich hübsch; lauter Fußgängerzonen mit Cafés und Buchläden und lauter europäischem Zeugs. Am Wochenende ist hier immer Markt, und natürlich hat auch das „Löwenbräu“ einen Stand, und manchmal muss ich dort arbeiten und German Hotdogs mit viel Sauerkraut oder Spätzle verkaufen. Manchmal muss ich auch Host sein; stundenlang vor der Tür stehen, lächeln, Gäste in Empfang nehmen und zu ihrem Tisch bringen. Wenn die Gäste gut drauf sind, auch mal mit ihnen ein Tänzchen wagen. Und immer viel mit den Herren unserer Oompapah-Band blödeln; die sind lustig! Die tanzen mit den Gästen Schuhplattler, bringen ihnen bei wie man Alphorn bläst und Veranstalten „Beer drinking competitions“. Saufspiele sind aber verboten in Australien, weil der Australier sowieso schon viel zu viel säuft. Daher muss auch jeder kleine Knilch der irgendwo in der Gastronomie arbeiten möchte, eine RSA-Schulung machen. RSA bedeutet Responsible Service of Alcohol, und in dieser Schulung bekommt man sechs Stunden lang erklärt wann und wie und wann und wie nicht man Gästen Alkohol geben darf. Das weiß natürlich auch die Band, daher gibt´s beim Wettsaufen auch alkoholfreies Bier. 😀
Naja, und weil ich nämlich so viel laufe und immer noch lächeln kann und keine Getränke vom Tablett schmeiße, bis auf das eine Mal wo´s das Mangoweizen über die kleine Chinesin ergossen hat, also deshalb nimmt der Chef mich nach ein paar Wochen zur Seite und bietet mir an, ab nächster Woche Kellnerin zu werden. Bestellungen aufnehmen und kassieren. Keine Getränke rausbringen. Kein Essen rausbringen. Keine Gäste an der Tür empfangen und zum Tisch bringen. Nix Doofes mehr, nur noch die gute Arbeit und das Trinkgeld. Klar, da bin ich doch dabei. Die Krux: Ich muss zusagen die 6 Monate (die ich mit einem Working Holiday Visum max. bei einem Arbeitgeber verbringen darf) vollzumachen. 3.1.2012 ist der Deal. Geht klar. Zusagen kann man ja erst mal.
Kellnern macht dann auch erwartungsgemäß richtig Spaß, und die Australier tippen wie verrückt. Also, ich bleib erst mal!
Meine Wohnsituation hat sich seit Ankunft auch enorm verbessert: Zuerst war ich ja im „Elephant Backpackers“ im Stadtteil Woolloomooloo. Das ist ein viel zu großes, chaotisches, semisauberes Hostel. Von dort bin ich in ein billigeres Hostel im Stadtteil Kings Cross umgezogen, das Drecksloch „DLux Hostel“. Kings Cross ist angeblich Party- und Backpackerviertel, in Wahrheit aber nur voller Stripclubs, verranzter Casinos, Nutten und Penner. Von dort stammt auch der Titel dieses Artikels; das steht da in Bronzetafeln auf dem Bürgersteig…
Ich war allerdings so mit Arbeiten beschäftigt, dass ich mich nicht noch um die Zimmersuche kümmern konnte. Sabine hatte aber Zeit und das ganze in die Hand genommen, und zwischen Schlafen und Arbeiten hatte ich dann doch irgendwann mal ein Stündchen Zeit, mir mit ihr ein Zimmer anzugucken, und das war gut, und hier wohnen wir seit 4 oder 5 Wochen mittlerweile. (Waaaahnsinn wie die Zeit rast…!) Das Haus steht in Darlinghurst, mitten im Schwulenviertel. Hier säumen Regenbogenflaggen die Straßen, die Verkäufer in den den Dönerbuden sind extrem tuckig, und die zahlreichen Clubs bieten Travestieshows oder/ und Jungs die oben ohne tanzen.
Unser Haus hat 11 Zimmer und momentan ca. 17 Bewohner – viele Deutsche, eine Italienerin, zwei Franzosen, ein paar Asiaten, und Leute die ich gar nicht kenne. 3 Badezimmer hat´s, 1 Küche und 1 Waschküche in der man für Waschmaschine und Trockner jedes mal 3 Dollarstücke berappen muss. Dafür ist das Internet umsonst. Uuuunglaublich lahmarschig, ABER umsonst.
Und da ich ja jetzt wieder ein Zimmer habe, mit einem EIGENEN Kleiderschrank, kann ich auch endlich wieder shoppen gehen. Nicht dass Shoppen zu meinen größten Leidenschaften gehören würde… aber meine Klamotten sind mittlerweile SOWAS von abgetragen, da schäm ich mich mit rumzulaufen! Meine Stoffhose ist ausgebeult, meine Shirts haben Löcher (die ich immer wieder zunähe, aber nach jedem Waschen sind neue drin…), die Schuhsohlen sind abgewetzt, so dass ich schon auf den Socken laufe und ständig nasse Füße bekomme; meine Jeans haben ein riesen Loch am Knie und sind sowieso erschreckend dünn geworden, und die Farben aus ALLEN meinen Sachen sind total verwaschen. Als Rucksackreisende hat mich das gar nie gestört, aber als Australierin die in der Großstadt lebt möchte man ja doch mal anständig aussehen. Ich hab´ mir sogar Haarspray gekauft, Rouge und eine Handtasche – die Tussi in mir lebt doch noch! 🙂
Das Beste an Sydney sind, wie fast überall, mal wieder die Leute. Da ich fast von Anfang an meine Zeit überwiegend auf der Arbeit verbracht habe, bestehen meine Kontakte auch fast ausschließlich aus Kollegen. Mit denen macht das Arbeiten Spaß. Mit denen macht das Feierabendbier Spaß. Mit denen machen Hausparties Spaß, und das sonntägliche Besäufnis im „Jackson´s on George“ macht mit denen erst recht Spaß, vor allem wenn wir danach noch im Schwulenclub um die Ecke, dem „ARQ“, abstürzen. Montags nehm´ ich mir jetzt immer frei… 😉